Rhein. Volkszeitung (Volksfreund)
„Droben stehet die Kapelle, schaut hinab ins stille
Tal.“
Dieser Dichterspruch ist für die oben genannte
Klause schönste Wirklichkeit. Inmitten einen sie umgebenden, rauschenden
Waldes, steht sie auf vorgeschobenem, felsigen Plateau, vor einem Steilabhang
zum lieblichen Enztal, ungefähr in der Mitte zwischen den Orten Schankweiler
und Ferschweiler, die ringsum liegenden Täler, Höhen und Orte überragend.
Wie die Sage berichtet, hatte während der
Kreuzzüge ein Ritter unserer Heimat das Unglück, in die Gefangenschaft der
Sarazenen zu kommen. Er betete täglich zur Mutter Gottes um Befreiung und
gelobte ihr zu Ehren eine Kapelle zu errichten, wenn er mit und durch ihre
Hilfe die Heimat und die Seinen gesund wiedersähe. Die Kapelle sollte dorthin
zu stehen kommen, wo er zum ersten male wieder Heimatboden betreten würde. Sein
inbrünstiges Gebet wurde erhört, und er wurde auf wunderbare Weise aus der Gefangenschaft
befreit. Auf seinen Ritt in die Heimat berührte seines Pferdes Huf an der
Stelle, wo heute die Gnadenkapelle steht, zum ersten male wieder den
Heimatboden. Nahe der Kapelle ist in einen Felsbrocken eine Vertiefung in der
Form eines Pferdehufes eingehauen, um noch heute symbolisch zu zeigen, wo die
erste Berührung mit der Heimaterde stattgefunden hatte. Sein Gelübde hat er
treu gehalten und die erste „Maria Hilf“ Kapelle hier gebaut. Dieses war im 12.
Oder 13. Jahrhundert. Soweit die Überlieferung.
Die jetzige Kapelle ist im Jahre 1762
aufgrund besonderer Förderung der Abtei Echternach, zu dessen Territorium der
Ort der Kapelle gehörte, unter der Regierung des Abtes Gregor Schouppe,
errichtet worden. Vermutlich war die alte Kapelle baufällig und musste
abgebrochen werden. Dass sie dort gewesen war, bestätigt eine urkundliche
Erwähnung aus dem Jahre 1688, wo sie mit einer Klausnerwohnung im
Besitzverzeichnis der Abtei aufgeführt ist. Anzeichen deuten darauf hin, dass
die jetzige Klausnerwohnung ein Teil der früheren Kapelle war. Das auf dem
Hochaltar befindliche Gnadenbild mit den Initialen B.M.V. ist auch älter als
die jetzige Kapelle und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Möglicherweise war es
bereits als Gnadenbild in der alten Kapelle aufgestellt. Für unsere Vorfahren
war es, genau wie für uns, schon seit beinahe zweihundert Jahren, Mittelpunkt
der Marienverehrung und Gnadenborn der Hilfesuchenden. Wieviel Sorgen, Leid und
Gebet mögen in den vielen Jahren vor diesem Bild niedergelegt worden sein, und wieviel
Liebe, Trost und Freude mag die Himmelskönigin durch diese Gnadenstätte, der
ihr kindlich vertrauenden Menschheit, geschenkt haben ? Dieses alles wird wohl
nur der Herrgott in seinen Büchern verzeichnet haben.
Die jetzige Kapelle ist ein betont einfacher
Barockbau mit einem schönen Zwiebelturm. Ein in eine Sandsteinplatte
eingehauener Spruch über den Eingang, unter dem steineren Relief der
immerwährenden Hilfe, in lateinischer Sprache, heißt auf Deutsch etwa wie
folgt: „Zum Lobe Jesu Christi und zu Ehren der seligen Jungfrau ist diese
Kirche aus festem und guten Stein erbaut.“ Die Inschrift ist als Chronicon
ausgebildet; zählt man die hervorgehobenen Buchstaben als römische Zahlen
zusammen, so erhält man die Zahl 1762. Somit ist die Inschrift auch ein
steineres Dokument des Erbauerjahres.
Betritt man die Kapelle, so wird man mit
andächtigem Staunen erfüllt über die Fülle der künstlerischen Ausstattung. Die
Altäre und die Kanzel sind beste künstlerischen Rokokoarbeit, während die
Beichtstühle wertvolle Arbeiten in Intarsien aufweisen. Die durch die hohen
Bogenfenster eindringenden Sonnenstrahlen vervollkommnen die künstlerische
Harmonie und verwandeln menschliches Staunen in himmelwärts gerichtetes Sehnen.
Der Bau und die Ausstattung müssen enorme Summen verschlungen haben und zeugen
von einem seltenen Opfergeist und einer edlen Gesinnung unserer Vorfahren.
Mögen auch diese Tugenden uns und den nach uns kommenden Geschlechtern Richtung
und Zielort sein. Geht man im Sommer und namentlich im Marienmonat Mai durch
die traumverlorenen Waldpfade zu dieser Kult- und Gnadenstätte, dann begegnet
man immer wieder Gruppen von Pilgern in deren Gebetsintervallen die jubelnden
und zugleich demütigen Rufe „Maria zu Dir kommen wir, o Maria hilf“ hindurch
schallen.
Diese einsame und über ihre nächste Umgebung viel zu wenig bekannte Gnadenstätte verdient es immer und immer wieder, in das Blickfeld gebracht und als eines der besten Kleinode der Eifel gepriesen zu werden. Darum lieber Leser, besucht auf Euren Wanderungen und Pilgerfahrten auch die Schankweiler Klause; sie wird Euch nicht nur Raststelle des Leibes, sondern auch Labequelle der Seele sein.